„Digitale & Soziale Phänotypisierung“ ist ein noch junges Fachgebiet, das durch den digitalen Wandel unserer Gesellschaft und die zunehmende Verbreitung von mobilen Kommunikationsgeräten wie Smartphones entstanden ist. Dieser praxisnahe Schwerpunkt der Arbeitsgruppe umfasst Forschung zur Entwicklung innovativer digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich. Auch neurowissenschaftliche Forschung wird durchgeführt, etwa zur Phänotypisierung physiologischer Biomarker. Gefördert werden unsere Projekte u.a. vom Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) und dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), auch bestehen deutschlandweite Kooperationen zu namhaften Forschungseinrichtungen wie dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DKFI) und dem Forschungszentrum Jülich.
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Bei der Phänotypisierung sollen zuverlässige und objektive Biomarker identifiziert werden. Im Vergleich zu Abfragen durch Fragebögen und Interviews sind Biomarker robust gegenüber Bias. Bei diesen Markern kann es sich um Phänotypen auf Ebene des Verhaltens, sozialer Interaktionen oder physiologischer Merkmale handeln. Beispielsweise zeigten automatisierte Sprachanalysen vorheriger Forschung vielversprechende Ergebnisse um affektive Zustände von Patienten mit Depression, bipolarer Störung, Schizophrenie und Demenz festzustellen.
Über digitale Anwendungen (Apps) auf mobilen Geräten (Smartphones, Tablets) können Sprach- und Verhaltensdaten gesammelt werden, die klinisch relevante Informationen zu Störungsmerkmale, Affekte und Befinden der Nutzer erlauben. Diese Anwendungen können eine Ergänzung zur Therapie bieten (etwa durch schnelle und kostengünstige Diagnostik) oder auch Patienten in der ambulanten Nachsorge unterstützen (psychischen Zustand erkennen, Selbstgefährdung oder Rückfallgefahr vorhersagen). Die Identifizierung von objektiven Markern psychischer Erkrankungen erlaubt es zudem maßgeschneiderte Behandlungen zu entwickeln.
Weiterhin wird in dieser Forschungsgruppe auch neurowissenschaftliche Forschung betrieben, speziell zu physiologischen Biomarkern, Neuromodulation und Bio-/Neurofeedback.
Projektträger: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Bei Ubidenz wird ein sozio-empathisches Assistenzsystem für depressive Patienten, die sich nach der Klinikentlassung in der ambulanten Nachsorge befinden, entwickelt. Generell wird das Bedürfnis der Patienten nach Bindung bei digitalen Anwendungen oftmals außer Acht gelassen. Ubidenz wendet den innovativen Ansatz an, dass ein empathisch agierender virtueller Avatar auf den Nutzer reagiert. Depressive Symptomatik soll durch die digitale Anwendung erkannt und bei einer Selbstgefährdung oder Rückfallgefahr Hilfe geleistet werden. Somit wird eine wertvolle Unterstützung zur Diagnostik, Selbsthilfe und Nachsorge geleistet.
Projektträger: Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)
Bei PsyApp wird eine innovative digitale Anwendung entwickelt, wobei anhand von Sprachbiomarkern das Vorhandensein und die Ausprägung einer Störung wie Depression, bipolare Störung und Schizophrenie diagnostiziert werden kann. So können Fachleute im Gesundheitswesen bei der Diagnose von psychischen Störungen und der Nachsorge unterstützt werden. Einzelne Ziele des Forschungsvorhaben sind, das Ausmaß festzustellen, wobei verschiedene psychische Störungen die Stimme und Sprache der Patienten beeinflussen. Dabei sollen Sprachcharakteristika zwischen diagnostischen Gruppen
verglichen werden und diese mit durch Fragebögen gemessenen Symptome korreliert werden. Aufgrund dieser Sprachbiomarker werden Unterschiede zwischen diagnostischen Profilen und die Schwere der Krankheit basierend auf Sprache bestimmt. Weiterhin soll die Prognose des Patienten während der Therapie evaluiert werden.
Projektträger: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Im Projekt „Digital Phenotyping 4 Psychiatric Disorders from Social Interaction“ (MePheSTO) wird anhand von Audio- und Videoaufzeichnungen sowie Biomarkern die soziale Interaktion von Patienten, die mit einer diagnostizierten depressiven Episode oder einer schizophrenen Störung diagnostiziert wurden, mit Klinikern im klinischen Alltag untersucht. Das Ziel dieser Studie ist es, objektive Marker in der Psychiatrie zu etablieren, um die individuellen Beschwerden besser zu erfassen und so zu einer stärker personalisierten Gestaltung der Therapie beizutragen. Im Fokus stehen hier die wissenschaftlich fundierte Bestimmung von Phänotypen der Major Depression und Schizophrenie, die Bestimmung objektiver Parameter der Qualität von Patient-Behandler-Interaktionen sowie die Entwicklung prognostischer Modelle über den Krankheitsverlauf der erfassten psychischen Störungen.
Projektträger: Forschungszentrum Jülich, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Die Metabolomik befasst sich mit der Untersuchung kleiner Moleküle, die in einer biologischen Probe vorhanden sind. Die Sammlung von Metaboliten wird als Metabolom bezeichnet. Da diese Metaboliten anfällig für verschiedene äußere und innere Reize sind, beschreibt das Metabolom sehr gut den Phänotyp eines Individuums. Anhand von Kernspinresonanz (Nuclear Magnetic Resonance, NMR) sollen physiologische Biomarker des Stoffwechsels bei Schizophreniepatienten identifiziert werden, die Aufschluss über Risikofaktoren dieser Störung geben und eine Früherkennung sowie Entwicklung geeigneter Therapien ermöglichen soll. Auf diese Weise könnten eine schnellere Diagnose der Betroffenen und damit schnellere Hilfe ermöglicht werden, da zwischen dem Ausbruch dieser Krankheit und der Diagnose oftmals bis zu 6 Monate vergehen. Da ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt wird, ist zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Integration dieser
Forschungsergebnisse mit Maschinenlernen und künstlicher Intelligenz vorgesehen.
Ubidenz:
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DKFI); ki:elements; Charamel GmbH; Better at Home Service GmbH; Universität Augsburg, Lehrstuhl für menschzentrierte künstliche Intelligenz
PsyApp:
ki:elements
MePheSTO:
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DKFI); Nationales Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung (INRIA) in Sophia Antipolis und in Nizza (Frankreich); Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie; Université Côte d'Azur, Hôpital Pasteur in Nizza (Frankreich)
Metabolomik Projekt:
Forschungszentrum Jülich
Intern
Medizinische Doktorarbeit
Studierende, die gerne ihre Bachelor-, Master-, Doktor- oder anderweitige Qualifikationsarbeit über ein Thema der Forschungssgruppe schreiben wollen, können sich gerne an Dr. Simon Barton wenden.