Für Menschen mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung (vom Borderline- oder impulsiven Typus) wurde durch die amerikanische Psychiaterin Dr. Marsha Linehan ein spezifisches verhaltenstherapeutisches Programm entwickelt, das einen hochstrukturierten Therapieablauf bietet: Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT).
Im Zentrum des DBT-Programms steht das Fertigkeitentraining (Skillstraining). Wesentliche Themen hier sind der Umgang mit Hochspannung (Reduzierung von selbstverletzendem Verhalten, unkontrollierter Wut), Förderung der inneren Achtsamkeit, die Gestaltung zwischenmenschlicher Kontakte und die Emotionsregulation. Betroffene entscheiden individuell,
welche die für sie effektivsten Wege zur Ablenkung und Selbstberuhigung unter Hochstress sind
wie Probleme im zwischenmenschlichen Bereich anzugehen sind und
wie Emotionen, unter Anwendung der inneren Achtsamkeit, besser wahrgenommen und reguliert werden können.
Die Anmeldung zum Vorgespräch erfolgt telefonisch durch die zu behandelnden Personen selbst; mitzubringen sind die im Vorfeld zugesandten und ausgefüllten Informationen und Fragebögen. Wie benötigen ebenfalls mögliche Vorbefunde, eine Krankenkassenkarte sowie eine Einweisung (von hausärztlicher oder psychiatrischer Seite). Alle, die eine DBT-Empfehlung bekommen, melden sich ab dem Folgetag telefonisch zwecks Bestätigung des Teilnahmewunsches. Die Betroffenen kommen auf die Warteliste und erhalten Bescheid, sobald ein Therapieplatz frei wird. Ebenso nehmen wir telefonisch oder postalisch Kontakt auf, um zu einem einmaligen Termin zur vorstationären Gruppe einzuladen.
Vor der stationären Aufnahme auf Station S1 sind die Teilnahme an mindestens einem Vorgespräch und an der vorstationären DBT-Gruppe Bestandteil des DBT-Programms. Das Vorgespräch dient dazu, eine genaue Diagnostik durchzuführen, die aktuellen Lebensumstände und Ziele zu erfassen und bezüglich der weiteren Behandlungsmöglichkeiten zu beraten. Ferner überprüfen wir, ob die DBT ein geeignetes Therapieprogramm darstellt, wir informieren über die Inhalte, den Ablauf der DBT sowie über die Aufnahmemodalitäten. Das Vorgespräch selber garantiert noch keine Aufnahme in die DBT – wir möchten zunächst sicherstellen, dass eine eventuelle DBT-Therapie zum persönlichen Anliegen passt.
Im Falle einer DBT-Empfehlung wird eine Einladung für die vorstationäre Gruppe zugeschickt. In der vorstationären Gruppe, an der einmalig teilzunehmen ist, können die Teilnehmenden bereits ihre Behandlungsziele für die DBT festlegen und Mitteilnehmende kennenlernen.
Die stationäre DBT in der Karl-Jaspers-Klinik wird in drei Modulen von je vier Wochen durchgeführt. Zwischen den Modulen liegen ambulante Übungsphasen von in der Regel mindestens acht Wochen. Die stationäre Behandlungszeit von dreimal vier Wochen (insgesamt 12 Wochen) ist mit den gesetzlichen Krankenkassen vereinbart. DBT-Teilnehmende gehen jedes Wochenende in eine Belastungserprobung, verbringen also eine Nacht (von Samstag auf Sonntag) in häuslicher Umgebung.
Im ersten Modul arbeiten wir mit den Teilnehmenden an der Reduzierung des suizidalen und parasuizidalen Verhaltens, der Erhöhung der Stresstoleranz, der Regulation von Suchtdruck und dissoziativen Phänomenen. Dieses Modul kann ein in sich geschlossener Behandlungskomplex sein.
Es folgt eine ambulante Übungsphase von in der Regel acht Wochen. DBT-Teilnehmende müssen grundsätzlich die Bereitschaft mitbringen, in der Zeit zwischen den stationären Modulen die bereits erlernten Fähigkeiten zu üben und zuhause im Alltag für sich umzusetzen und zu erproben.
Im zweiten Modul stehen die Wahrnehmung und das Regulieren von Gefühlen im Mittelpunkt der Behandlung. Die Nutzung von Skills wird gefestigt und auf den Bereich Gefühlsregulation ausgedehnt.
Auch nach der zweiten stationären Behandlungsphase üben die Betroffenen während einer achtwöchigen Übungsphase, die erlernten Fertigkeiten im Alltag umzusetzen.
Das dritte Modul bietet die Möglichkeit, zwischenmenschliche Fertigkeiten zu verbessern und am Aufbau des Selbstwerts und an der Erhöhung der Lebensqualität zu arbeiten. Es dient wiederum der konkreten Vertiefung von persönlichen Skills sowie dem Aufbau positiver Aktivitäten.
Im Anschluss an die stationäre DBT-Therapie besteht, solange keine psychotherapeutische Anbindung vorhanden ist, die Möglichkeit, an unserer ambulanten Nachsorgegruppe teilzunehmen. Es gilt zu beachten, dass eine Teilnahme an der Nachsorgegruppe während einer laufenden ambulanten Psychotherapie gesondert bei der Krankenkasse beantragt werden muss.
Die Nachsorgegruppe dient zur Festigung der erlernten Fertigkeiten im Alltag, zum Schutz vor Krisen und zur Erhaltung der verbesserten Lebensqualität. Die Nachsorgegruppe kann bis zu einer Gesamtbehandlungsdauer von einem halben Jahr genutzt werden. Zusätzlich empfehlen wir ausdrücklich die Fortsetzung der ambulanten Psychotherapie.